Stammzellen wecken große Hoffnungen in der modernen Medizin. Sie sollen Gehirnerkrankungen wie Alzheimer heilen oder geschädigtes Herzgewebe ersetzen. Aber was genau sind Stammzellen eigentlich, und wie können sie in der Medizin eingesetzt werden? Mit diesen und weiteren Fragen haben sich die Schüler*innen des WPKs „Berufe und Forschung in den Naturwissenschaften“ im 9. Jahrgang beschäftigt. Dazu haben wir die Stammzellforscherin Dr. Carola Voss von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) an unsere Schule eingeladen.
Am Mittwoch, den 14. Mai 2025, war es dann so weit: Wir Schüler*innen des 9. Jahrgangs sowie weitere interessierte Schüler*innen aus dem naturwissenschaftlichen Profil versammelten sich im Andachtsraum für den Vortrag. Zunächst erklärte Frau Dr. Voss, wie sich in der Embryonalentwicklung Zellen immer weiter spezialisieren: Befruchtete Eizellen sind „totipotent“, das heißt, sie können sich in alle Zelltypen entwickeln. Nach und nach entsteht aus der befruchteten Eizelle eine Hohlkugel aus Zellen, die Blastozyste, in der embryonale Stammzellen vorliegen. Im Laufe der Entwicklung teilen sich diese „pluripotenten“ Stammzellen weiter und spezialisieren sich zunehmend, sodass „multipotente“ Zellen entstehen, aus denen nur noch bestimmte Gewebe gebildet werden können.
Für die medizinische Forschung sind pluripotente embryonale Stammzellen besonders interessant. Für ihre Gewinnung müsste man allerdings an menschlichen Embryonen arbeiten, was ethische Probleme mit sich bringt. Inzwischen ist es jedoch möglich, Körperzellen so zu behandeln, dass sie sich wieder zu Stammzellen zurückentwickeln. Diese sogenannten „induzierten pluripotenten Stammzellen“ („iPSC-Zellen“) können dann für medizinische Zwecke genutzt werden.
Frau Dr. Voss erklärte uns zum Beispiel, wie man Hautzellen von Patienten in Stammzellen „umprogrammiert“ und daraus Herzmuskelzellen herstellen kann. Solche Herzmuskelzellen können in großen Mengen produziert werden und sich zu Geweben zusammenschließen. Diese Gewebe wurden bereits in Tieren transplantiert, und es besteht die Hoffnung, sie bald auch bei herzkranken Patienten einsetzen zu können.
Die Arbeitsgruppe von Frau Dr. Voss an der MHH erforscht vor allem, wie sich Lungenzellen entwickeln. Dazu stellt sie aus Hautzellen von Patienten zunächst iPSC-Zellen her. Über fast zwei Monate werden diese Stammzellen nach sehr genauen Protokollen behandelt, damit sie sich in verschiedene Lungenzellen differenzieren. Da es über 40 verschiedene Lungenzelltypen gibt, wird es wohl noch lange dauern, bis man ganze Lungen aus Stammzellen herstellen kann. Ob dies tatsächlich gelingt, ist noch unklar. Dennoch können diese patientenspezifischen Lungenzellen genutzt werden, um angeborene Erkrankungen besser zu verstehen und gezielt nach passenden Medikamenten zu suchen.
Nach dem spannenden Vortrag hatten wir die Gelegenheit, Frau Dr. Voss all unsere Fragen zu stellen. Sie nahm sich geduldig Zeit, um uns Einblicke in die Welt der Grundlagenforschung und ihren persönlichen Weg in die Wissenschaft zu geben. Dabei erfuhren wir auch, welche Voraussetzungen man mitbringen sollte, um motiviert und erfolgreich in der Forschung zu sein. Frau Dr. Voss sprach außerdem über Herausforderungen in der Forschung und die finanziellen Aspekte, wie das Einwerben von Fördergeldern für Forschungsprojekten. Wir erfuhren zudem mehr über die Bedeutung von Tierversuchen. Es war eine bereichernde Erfahrung, die uns noch tiefer in das Thema sowie den Werdegang einer Forscherin eintauchen ließ.
Wir danken Frau Dr. Voss herzlich für ihren Besuch und die einzigartigen Einblicke in die Stammzellforschung und wünschen ihr alles Gute und viel Erfolg für ihre weitere Forschung.